Besinnungstag in Regensburg
Die Liebe zu Gott konkret werden lassen
Besinnungstag zur Fokolarbewegung in Regensburg
Seit September 2022 ist Pfarrer Rüdiger Karmann als Seelsorger am Krankenhaus Barmherzige Brüder in München tätig. Er ist nicht nur Priester der Erzdiözese München und Freising und war als solcher lange Jahre Gemeindepfarrer, sondern gehört auch der Fokolarbewegung an. Als Gymnasiast kam Rüdiger Karmann erstmals mit der Bewegung in Berührung: Bei einem Treffen der Fokolare in Landshut machte er eine tiefe spirituelle Erfahrung, die ihn bewog, sich der Bewegung anzuschließen. Bei einem Besinnungstag am 23. September stellte er den Barmherzigen Brüdern in Regensburg diese christlich-interreligiöse Gemeinschaft und deren Gründerin Chiara Lubich vor.
Silvia Lubich, so ihr Taufname, kam 1920 in Trient in einer Arbeiterfamilie zur Welt. Sie wurde Grundschullehrerin und schloss sich mit 23 Jahren dem Dritten Orden des heiligen Franziskus an. Hier wählte sie den Namen Chiara und entschloss sich in einem privaten Gelübde, aus Liebe zu Gott ehelos zu bleiben. Im Zweiten Weltkrieg erlebte Lubich die Bombardierung der Stadt und die Not der Menschen während der Mussolini-Diktatur. Mit Gefährten harrte sie in Trient aus und erkannte in dieser bedrohlichen Situation die Bedeutung der Liebe Gottes, die weitergegeben werden soll. Deswegen engagierte sich die Gruppe um Chiara Lubich für ihre Mitmenschen und machten so Gottes Liebe konkret.
Als „Brennende“ bezeichnet
Die ungewöhnliche Lebensgemeinschaft erhielt 1943 die Bezeichnung „Focolarini“ (= „Die Brennenden“). Es ist eine neue Form von Gemeinschaft innerhalb der Kirche. Erst 1962 wurde das „Werk Mariens“ vollständig kirchlich anerkannt. Die Gründerin Chiara Lubich war die erste Präsidentin der Bewegung, der auch Christen anderer Konfessionen und Nichtchristen angehören. Laut Satzung muss die Präsidentin eine Frau sein – zurzeit ist die Israelin Margaret Karram, der Co-Präsident ist ein Mann.
Lubich lebte aus der Beziehung zum im Leiden verlassenen Jesus. Im Schmerz des leidenden Gottessohnes erkannte sie das Leiden der Menschen, für die sie sich konkret eingesetzt hat. Für ihr Engagement erhielt sie zahlreiche Ehrungen wie das Bundesverdienstkreuz oder den Europäischen Menschenrechtspreis und wurde mit Ehrendoktorwürden ausgezeichnet. Chiara Lubich starb 2008 in Rocca di Papa bei Rom, nachdem sie im Leben auch Krankheiten und spirituelle Krisen durchstehen musste. 2015 wurde ein Seligsprechungsprozess für sie eröffnet.
Leben aus der „Einheit“
Die Fokolare sind ursprünglich eine Laienbewegung. Erst später kamen Priester hinzu. Die Spiritualität der Gemeinschaft, zu der Ehelose genauso gehören wie Familien, prägen die Liebe zu Gott und zum Nächsten. Ein zentraler Begriff – auch schon für Chiara Lubich – ist die „Einheit“ (vgl. Joh 17,20). Die Mitglieder der Bewegung setzen sich für einen ökumenischen und interreligiösen Dialog ein und engagieren sich in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Sie verstehen sich als Lernende und pflegen vertrauensvolle Gespräche auf Augenhöhe. Es gibt regelmäßige Treffen, auch etwa einer Priestergemeinschaft, zu der Karmann gehört.
Der Krankenhausseelsorger lud die Brüder zu einer Gesprächsrunde ein, die eifrig genutzt wurde. Eine heilige Messe mit Pfarrer Karmann in der Eustachius-Kugler-Kapelle und das Mittagessen im Konvent rundeten den geistlichen Brüdertag ab.
Frater Magnus Morhardt