Buchpräsentation Stiftung Attl

(11.03.2025)

400 Seiten Historie kompakt: Am 7. März wurde in Attel (Wasserburg am Inn) die Festschrift „Stiftung Attl – 1873 – 2023“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Historiker Reinhard Kreitmair hat nach knapp drei Jahren Archivrecherche und Quellenarbeit, die ihn auch ins Provinzarchiv der Barmherzigen Brüder in München führte, eine fundierte Geschichte der Stiftung für Menschen mit geistiger Behinderung geschaffen. 

Geschichte der „Stiftung Attl“ - die Festschrift 

Die Festschrift zur 150-jährigen Geschichte der Stiftung Attl wurde im voll besetzten Brauhaus vorgestellt. Neben Lokalprominenz, unter anderem der stellvertretende Landrat Josef Huber und der 2. Bürgermeister von Wasserburg, Werner Gartner, waren auf Einladung des Stiftungsvorstands von Seiten der Barmherzigen Brüder Provinzial Frater Rudolf Knopp und Archivar Frater Magnus Morhardt ins oberbayerische Attel gekommen. Das „Trio Tonale“ lockerte die Festatmosphäre im Gewölbe mit beschwingten Jazzklängen auf.

Aus der Festschrift wurde ein Buch

Das Buchprojekt schloss das 150-Jahr-Jubiläum der Stiftung Attl, das 2023 begangen wurde, ab. Von der ursprünglichen Idee einer Festschrift kam der damalige Vorstand Franz Hartl vor drei Jahren schnell zu einem Buchprojekt. In ihren Reden erinnerten Vorstand Jonas Glonnegger, Frater Rudolf Knopp, Provinzial der Barmherzigen Brüder in Bayern, und Autor Reinhard Kreitmair an die Bedeutung einer erstmaligen Aufarbeitung historischer Quellen für die Stiftung. Zumal diese vor allem für die Anfangsjahre sehr verstreut lagern und sich oft nur auf Listen, Briefe oder Pläne beschränken. „Wir wären heute nicht hier, wenn nicht die Barmherzigen Brüder zuvor die Stiftung gegründet hätten und ihrer Berufung folgend Hand angelegt hätten“, erinnerte Glonnegger. Das meinte er ganz wörtlich, denn der Orden hat nicht nur Menschen mit einer Behinderung aufgenommen und umsorgt, sondern auch schrittweise den Ortsteil Attel zu dem auf- und ausgebaut, wie wir ihn heute kennen. Insgesamt haben die Ordensbrüder die Stiftung 98 Jahre lang durch bewegte Zeiten geleitet, zu denen auch der Erste und der Zweite Weltkrieg gehörten. „Heute dürfen wir in der Vorstandschaft dieses Erbe fortführen.“

Barmherzigen Brüder öffneten ihr Archiv

Dankbar zeigte sich auch Provinzial Frater Rudolf Knopp, dass Autor Reinhard Kreitmair dieses Projekt mit so viel Umsicht realisiert hat. „Das Buch stellt einen geschichtlichen Kontext her, in dem dann die Zahlen, Fakten und Ereignisse bewertet werden.“ Besonders erwähnte der Provinzial die vielen Postkarten aus der Sammlung Anton Probst, mit denen das Buch die vergangene Zeit nahbarer macht, indem Kreitmair Menschen zu Wort kommen lässt. Der Provinzial betonte: „Trotz der Höhen und Tiefen in der langen Geschichte der Stiftung Attl haben die Leiter immer wieder die Kurve genommen zum Besseren und zum Wohle der Menschen, die in der Stiftung Attl betreut werden.“ Und er mahnte: „In Zeiten der Krise ist diese Personengruppe in unserer Gesellschaft auch heute noch besonders gefährdet.“ Der Termin zur Präsentation sei laut Knopp auf Einstimmung auf den folgenden 8. März in doppelter Hinsicht gut gewählt gewesen: Zum einen sei der 8. März der Gedenktag von Johannes von Gott, dem Ordensgründer der Barmherzigen Brüder. Und zum anderen erinnere der Weltfrauentag am 8. März daran, dass Frauen für Attl schon immer eine wichtige Arbeit leisteten - meistens arbeiteten mehr Frauen als Männer in der Stiftung, so auch heute.

Auf wissenschaftlicher Grundlage basierend

„Attl wurde von Menschen gemacht, und nichts daran ist selbstverständlich“, betonte auch Autor Reinhard Kreitmair in seinem Vortrag. Er nannte seine Arbeit faktenbasiert mit wissenschaftlichen Grundlagen: „Alles ist überprüf- und hinterfragbar“ und könne von künftigen Historikern in einer Chronik zur 200-jährigen Geschichte fortgeschrieben werden. Sichtlich bewegt reagierte schließlich Jonas Glonnegger, als Kreitmair auf den Attler Geist zu sprechen kam, den der Autor er während seiner Besuche in der Stiftung erleben durfte. Zum Abschluss der Buchpräsentation signierte der Autor noch gut 100 Exemplare für die anwesenden Gäste.

Ein Ausschnitt aus der Einleitung des Buches macht Appetit auf die Lektüre: „Wir werden mit den Gründervätern der Barmherzigen Brüder den Gang durch die Behörden antreten, die Regierung des Kreises Oberbayern kennenlernen, vom Bezirksamt Wasserburg Unterstützung erfahren, im Staatsministerium des Inneren vorsprechen, um eine Abfuhr zu erhalten und von seiner Majestät, König Ludwig II. allergnädigst verbeschieden werden. Wir setzen uns mit Bautechnikern zusammen, werden Gutachten und Visitationsprotokolle zur Kenntnis nehmen, Pläne betrachten, Satzungen studieren, in Oberbayern auf Kollekte zur Baufinanzierung gehen, nach entwichenen Pfleglingen suchen lassen, vor einem Prior ducken, der Spanischen Grippe begegnen, die Deportation der meisten Bewohner sehen und in der leeren Anstalt die Stille hören, bis zum krakeelenden Einzug der Hitlerjugend in Attl. Das ließe sich weiterführen bis zur Gegenwart, kann aber unterbleiben, denn wir sind insoweit herangerückt ans Geschehen, um ein wesentliches Merkmal der gewählten Darstellungsweise vorzustellen.“

Bei einem Studientag am 15. Februar in Neuburg an der Donau gab Historiker Kreitmair den Barmherzigen Brüdern vorab einen Einblick in seine historische Forschung (wir berichteten).

Das Buch ist aufgrund der Förderung von LEADER (Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus sowie Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums) nicht im Buchhandel zu erwerben.

„Die Stiftung Attl“ ist kostenlos über das Vorstandsbüro erhältlich und kann Dienstag bis Donnerstag zwischen 8.00 Uhr - 15.00 Uhr abgeholt werden. 
Hier geht es zur Website: 
Stiftung Attl - Stiftung Attl

Text: Stiftung Attl/ Frater Magnus Morhardt

Fotos: © Birgit Schlinger/Stiftung Attl 

Bildunterschriften: 

1) 400 Seiten über die Attler Geschichte

2) Stiftungsvorstand Jonas Glonnegger

3) Viele Interessierte bei der Buchpräsentation

4) Provinzial Frater Rudolf Knopp

5) Autor Reinhard Kreitmair

6) Die Attler Vorstände Manuela Keml (links) und Jonas Glonnegger überreichten dem Autor Reinhard Kreitmair (rechts) ein Geschenk.

7)  Auch LEADER-Koordinator Johann Kölbl (rechts) holte sich ein Buch beim Autor.

8)  Der frühere Stiftungsvorstand Prälat Hans Lindenberger (links) und  Vorstand Jonas Glonnegger (Mitte) mit Burkard Rappl, Ministerialdirigent a.D. im Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales.

9) Stolz auf das Buchprojekt sind (von links): Stiftungsvorstand Jonas Glonnegger, Frater Magnus Morhardt, Archivar der Barmherzigen Brüder im Provinzialat München, LEADER-Koordinator Johann Kölbl, Autor Reinhard Kreitmair, Vorständin Manuela Keml sowie ihr Vorgänger Franz Hartl.