Geschichte der Barmherzigen Brüder in Bayern
Stiftungsurkunde des Hospitals St. Wolfgang in Neuburg vom 11. November 1622
Der Barmherzige Bruder und Chirurg Frater Gabriel von Ferrara, Kommissär des Hospitalordens in Wien, sandte 1622 zwei Mitbrüder, den italienischen Ordenspriester Pater Bartholomäus Bonicontro und den Spanier Frater Maximilian Veiga zu Herzog Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg, um diesen um die Errichtung einer Niederlassung des Ordens zu bitten. Der Herzog versprach den Brüdern, ein Hospital in Neuburg zu errichten und es mit ausreichenden Mitteln zu versehen. Wolfgang Wilhelm setzte sein Vorhaben in die Tat um und stiftete bereits am 11. November 1622 das Hospital St. Wolfgang in Neuburg.
Der Text der Urkunde, die der Herzog eigenhändig unterzeichnete, ist in Latein abgefasst. Der Neuburger Hofkaplan Jakob Limmichius übersetzte sie ins damalige Deutsch:
„Im Namen der Heyligen und unzertheilten Dreyfaltigkeit Amen. Wir Wolfgang Wilhelm, von Gottes Gnaden, Pfalzgraffen bey Rhein, [Herzog von] Bayern, zu Jülich, Cleve und Berg, graffen zu Veldenz, Sponheimb, der Mark Ravenspurg und Mörß, Herrn von Ravenstein & bezeugen für uns, unsere Erben und Nachkommen hiemit gegenüber aller immerwährender Posterität:
Nachdem sowohl in heyliger göttlicher Schrift als auch in allen anderen glaubwürdigen zu befinden, daß vornehmlich von einem christlichen treuherzigen Fürsten und jedem Christmenschen dijenige Hilfe und Barmherzigkeit, welche man den armen Bedürftigen mit schwerer und anderen Krankheiten behaffteten erzeignet, fürnehmblich geruembt werden und gleichsam Gott der Allmächtige selbst von allen Christenmenschen nit allein erfordert sondern mit reichlich und ewigen Schenkungen und Gnaden zu remunerieren pflegen, dannenhero Wir nit wenig Ursach genommen, vermittels göttl. Beystandts und gnaden unser alleinig und fornemblich Relevierung der Armen gefaßtes Vorhaben und gemuet zu werk zu setzen, zu Gottes und seines heiligen Bischoffs [hl. Wolfgang] darin ein gewisse durchgehende Anzahl von kranken Personen gewohnen, denselben in vorhandener Krankheit des Leibes und der Seele Notdurfft nach abgewartet, soviel durch menschliche und zeitliche Mittel immer sein kann, von ihren Krankheiten wieder ab und aufgeholfen werden mögen, zu stifften und von neuem auffzurichten auch uns umb solche in dergleichen allein dem Menschen zum besten angesehenen Werkes und jedes nechsten Lieb und Heyl geübten Ordens Personen zu bemühen, zu welchem Ende dann der Geistliche Hochberühmte Orden des Heyl. Joannis Dei [Johannes von Gott, der Ordensstifter] oder wie solcher in unseren Landen genannt werden mag, der Barmherzigkeit [Barmherzige Brüder], welche ohne daß ihrem Berufe nach dem Kranken abzuwarten, solche zu trösten und curieren und alle menschliche Hilff, uff waß Mitel und Weg Ihnen immer möglich zu erzeigen pflegen ihren Beystandt und sich hierinnen gebrauchen zu lassen, anerbietig gemacht: Alß haben Wir zu vordrist zue Gottes Allmächtigen, deß Heyligen Wolfgang auch aller Heyligen Lob, Ehr und Aufnamb der Presthaften und Kranken Personen ewiger Hilff und Trost insonderheit aber zu unserem und der Familienglieder immerwährenden Heyl und Seligkeit ob an geregten dem Heyl. Wolfgang bestimmten Hospital, so in unserer Residenz Vorstadt nit weit von dem Augsburger Thor gelegenes von uns aufgebaut, mit allem Hausrath und andern hiezu erforderderten Nothwendigkeiten, damit man solchen Gottwolgefälligen Christliebenden Werk desto fueglicher und genugsamer ab und zu warten, versehen und begnadet, allermaßen Wir dann solches Krankenspital in krafft dieß anstellen, aufrichten stifften und obbesagtem Orden St. Joanis Dei solang sie dahier verbleiben und solchem unseren Intento abwarten und ihrem angegebenen Fleiß beharren werden, schenken und jährlich mit zwey Tausend gulden (eintweders in lautern Reichsthalern, jeden zu andrethalben gulden gerechnet oder jedesmal dieselben concurierenden pretio und valore) also begnaden und begaben thuen., daß dieselbe nit allein auß unsrer Neuburgschen geistlichen Kassa (so wir mit sonderbarer Bewill. Ihre bäpstl Heyligkeit zu genießen) oder in Ermanglung derselben unseres Heylandts gepurtstag an oberwenten, von uns erwilligter Summa geltes den 4.ten als fünff hundert Gulden ob spezifizierter guetter Münzen, Sorten sondern auch jährlich dreyhundert gemeine Waldklaffter [ein Klafter sind etwa 2-3 Festmeter] Prennholz aus unseren bergischen [Bergen bei Neuburg, später Seminarwald] oder anderen nit weit entlegenen geistlichen Klösterhölzern, so man ihnen mit unserem allhierigen Spital Pferdten oder durch Scharwerkfuhren ohn ihren Entgelt und Unkosten führen würdten, zu genueßen haben sollen, gestall wie allen unseren jetzigen oder künfftigen Ambtleuten, so dergleichen geist oder weltliche Cammergefäll zu verwalten, hiermit allerdings auch ernstlich enbefehlchen ob gedacht zu ewigen Zeiten bedingte und fleißige Bezahlung (welche wider Verhoffen villeicht über kurz oder langerfolgtem Saumsol unserer Nachkommen nit gestatten werden) zu leisten, ingleichen wollen wir, daß eingangs bemeldten Orden oder allhieiges Spital mit allen seinen Zugeschenken und von uns abgehörtermaßen beschehenen Spezialschenkungen von allen Steuern, Bürden, Personal oder anderen gelt Auflagen, wie dieselben Namen haben oder inskünftig unter was Schein und vor wem es immer seye, abgefordert und praetendiert werdten möchten, ganz befryet sondern auch alle und jede Privilegia und Freyheiten allen andern geistlichen und zur Gottes Ehr aufgrichteb Stiftungen und Gueten gleich zu genießen haben sollen, alleinig aber und da über kurz oder lang sollches Kloster oder obbenamste jährliche Intrada zu mehrer Aufnahmen gereichen durch Testamenta, Codizill, Donationes mortis causa, Verschaffungen, Überlassungen auch andere letzten Willen oder durchgeweße Kontraktbedingungen oder Donationes inter vivos oder auch durch andere von disen oder jenen billiger Weiß und nach Gebrauch des ganzen römischen Reichs auch Gewohnheiten unseres Fürstentums beschehene Schenkungen mehrerer Gütter, welche allbreits mit gewißen Auflagen und Dienstbarkeiten beladen, gewinnen und bekommen würden, dieselben in allen ihren Servitut wie sie gewesen verbleiben und dem Kloster zugehen sollen, wie dieselben nit entweders durch uns selbsten oder unsere Erben und Nachkommen insonderheit hierinnen befreyet wurden, jedoch aber und in allwewg sollen sie keine Edelmanns Gütter so uns als Landesfürsten mit Güttern und Kriegsdienst sein verbunden, nit an sichbringen oder geschenkt halten, sondern da sie dergleichen uns nit zu Lehen berührende Gütter (welche ja überhaupt keineswegs alieniert werden mögen) durch obgezählte Mittel bekommen würden, solches alsbald an uns oder unsere successores anzeigen, dieselbe uns oder den Unsrigen oder auch aufs wenigst angenehmb, und darbey wir dergleichen Gütter und Lehendienst uff jeden nothfall um billigen Werth kaufen und das erlöste gelt allein mehr angezogenen Closter zum besten anwenden. Dementgegen sollen mehrere auch Ordenssuperiores, und an diesem orth gegenwärtige oder künfftige verordnete Priores, Vicarii substituti und insgemein alle ihre Nachkommen Krafft dieses schuldig sein, allem und jedem von den würdigen und andächtigen Pat. Bartholomäus Bonincontro [einer der beiden Abgesandten aus Wien] dieses Ordenspriester und Professo im Namen und Autorität seines ihm hiezu beauftragenen und bevollmächtigenden Ordens uns übergebenden von ihm unterschriebenen auch seinen gewöhnlichen sigel bekräftigten Punkten, Capitulationbus und Reversbrieff mit göttlicher Hilff nachkommen, demselben getreulich zu geloben und darin beständig anhängen, allein zu Gottes Ehr und des Nächsten Heyl und Wohlfahrt zu verfolgen, damit hieraus mitzuverspüren, daß an ihnen so viel ihr Berufsregel dem Orden auch diese unsere Stifftung ausweiser, mangel und erscheinen thue, uff welchen Erfolg wir uns dann keinen Zweifel machen, daß mit angeregte von uns in diesem Fahl nach Gottes und der Armen Barmherzigkeit willen, beschehene und bestätigte Stifftung auch ihnen selbst erzeigte und mit der That allein aus Lieb des Nächsten erwiesene Werk und Guetthaten zu unserem eigenen, ihnen selbst heilsamen und vordrist aber Gott, dem Allmächtigen, angenehmen Ende lauffe und folgendts ewig belohnt werde. Zeschließlich ermahnen und ersuchen wir alle unsere Erben und Nachkommen mit angelegenem Fleiß dahin zu sehen, damit allen und jeden obangedachten unserer Stifftungen von Niemandt zuwider gehandelt, sondern selben nachgelebt und befördert werde wie wir an alle dijenige so sich oberzählten unserem Willen und Stifftung zuewider erzeigen würden vor dem letzten und höchstem Richter Stuel Gottes anzuklagen nicht unterlassen werden. Zu welcher aller Gedächtniß und Straff und beharrlichen diesen öffentlichen Stifftungsbrieff mit unserem größeren Sigil und eigener Handt Subscription bekräfftigen, deme dannn unsere Erben und Nachkommen oder auch andere, wer dieselben seyen, auf was Weiß oder Weg zuwider nit handeln werden.
Neuburg an der Thonau d. 11. Nov, Ao 1622“